Drei Damen für Moabit-Ost

Teamleiterin Cornelia Cremer, Sherin Buchwald und Clara Lehmann vor dem QM-Büro in der Wilsnacker Straße 34 (von links)
Die "drei Damen" auf dem roten Sofa, das bald wieder auf Wanderschaft geht
Kochduell beim Suppenfest in der Pritzwalker Straße, 2019
Suppenfest in der Pritzwalker Straße, 2019
Perlenkiezfest in der Birkenstraße, 2019
Ausgabe 11 der Kiezzeitung moabit°21

Das QM-Team in der Wilsnacker Straße 34

Der Titel ist eine Anspielung. Wer jüngeren Alters ist und es nicht weiß: es gab in den Zeiten vor Netflix und Privatfernsehen eine legendäre Fernsehserie im damaligen SFB (heute rbb), die „Drei Damen vom Grill“ hieß. Sie wurde in Moabit mit Berliner Stars gedreht, und zwar an einem Imbiss-Stand in der Arminiusmarkthalle, an dem man auch heute noch seine Currywurst verzehren kann. Das Quartiersmanagement (QM) Moabit-Ost ist wesentlich jünger als der Straßenfeger aus den siebziger Jahren. Es besteht erst seit gut 10 Jahren unter Trägerschaft der UrbanPlan GmbH, und das Dreier-Team ist sozusagen brandneu. 

Teamleiterin Cornelia Cremer hat sehr viel Erfahrung mit Entwicklungsprozessen und in der Gremienarbeit. Sie ist gleichzeitig Geschäftsführerin der UrbanPlan GmbH. Bereits im Jahr 1989 gründete die Rheinländerin dieses Unternehmen, das von Anfang an im Bereich der Stadtentwicklung tätig war, Es übernahm 1999 - dem Jahr, als Berlin damit begann, das Programm „Soziale Stadt“ umzusetzen - zum ersten Mal ein Quartiersmanagementgebiet in Marzahn. Es folgten 2009 der Zuschlag für Moabit-Ost und 2014 schließlich das QM Soldiner Kiez. Letzteres leitete Cornelia Cremer vier Jahre lang. Die studierte Sozialwissenschaftlerin hat sich schon immer für die Soziologie von Städten interessiert. Sie findet, dass die Entwicklung in Moabit-Ost in den vergangenen zehn Jahren rasant und insgesamt betrachtet sehr positiv voran geschritten ist.

Clara Lehmann, seit Mai 2019 dabei, ist am längsten im Boot. Die gebürtige Kölnerin studierte Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung in Heidelberg, wobei sie besonders die Verknüpfung von Stadt und Gesundheit, sowie die Schaffung gesundheitsförderlicher Lebensverhältnisse interessierte. Den sozialräumlichen Blick auf den Kiez, und das Ziel des Förderprogramms „Soziale Stadt“ , berlinweit gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen, spricht sie besonders an. Auch in ihrer Nachbarschaft in Gesundbrunnen engagiert sie sich im Quartiersrat. Nach dem Studium bewarb sie sich schließlich für die Quartiersarbeit in Moabit.

Sherin Buchwald ist seit Oktober 2019 an Bord. Sie arbeitete zuvor als Quartiersmanagerin im QM Soldiner Kiez, dem zweiten Quartiersmanagementgebiet von UrbanPlan GmbH. Die Berlinerin wuchs in Tegel auf und studierte Islamwissenschaften und Weltgeschichte an der Freien Universität Berlin. Sie lebt mittlerweile „nebenan“ im Wedding und findet es auffällig, wie unterschiedlich Nachbarschaften in Berlin funktionieren. In Moabit-Ost ist ihr direkt der gute Zusammenhalt auf allen Ebenen - Nachbarschaft, Institutionen und Verwaltung - positiv aufgefallen.

„Unsere Arbeit stellt uns immer wieder vor andere Herausforderungen und trägt mittlerweile Früchte. Wir stellen uns für die Zukunft die Frage: Wie viel QM braucht der Stadtteil noch, und wie viel können andere Akteure übernehmen?“ Cornelia Cremer findet, dass einige Projekte und Netzwerke, die im Laufe der vergangenen Jahre auf den Weg gebracht wurden, noch mehr Unterstützung brauchen, andere laufen mittlerweile unabhängig von Fördermitteln der Sozialen Stadt. Bei dem Kulturellen-Naturwissenschaftlichen Bildungsverbund Moabit, eines der wichtigsten Netzwerke, hat das sehr gut geklappt. Der Verbund wurde zusammen mit dem QM Moabit West initiiert. Durch „Soziale Stadt“ angestoßen, wird er inzwischen vom Bezirksamt Mitte weiterfinanziert. Anders ist die Lage beim Kitanetzwerk, das aktuell noch ein QM-Projekt ist. „Unser Auftrag ist ja, dafür zu sorgen, dass nicht jeder sein eigenes Süppchen kocht, sondern alle an einen Tisch zu bekommen. In Moabit-Ost gibt es viele tolle einzelne Akteure. Es wäre schade, wenn die bestehenden Kontakte dann abreißen, wenn es das QM einmal nicht mehr gibt. Was uns hier im Gebiet fehlt, ist ein zentraler Ankerpunkt.“ Damit spricht Cornelia Cremer ein „Riesenthema“ an. Dem Quartier fehlt ein Stadtteilzentrum, das vergleichbar wäre mit dem Stadtschloss im Westen Moabits. „Unser Wunsch ist ein Ort, der gut erreichbar und täglich geöffnet ist“, ergänzt Clara Lehmann. Eine Lösung ist in Sicht, wenn der Zille-Club im Jahr 2021 umgebaut wird. Der Jugendclub in der Rathenower Straße soll sich nach dem Umbau noch mehr für die Nachbarschaft öffnen. Gebraucht wird dann allerdings eine Person vor Ort, bei der alle Fäden zusammenlaufen und die die verschiedenen Aktivitäten koordiniert. Auch die „Bildungs- und Kulturbrücke“ des Bezirksamts Mitte, die sich auf dem Gelände der Stadtmission in der Lehrter Straße ansiedeln wird, ist als Stadtteilzentrum angedacht. Sherin Buchwald ergänzt, dass das QM unabhängig davon, auch die Strategie verfolgt, die verschiedenen dezentralen Orte der Begegnung in Moabit-Ost als Anlaufstellen für die Bewohnerschaft zu stärken. Die drei Quartiersmanagerinnen denken dabei vor allem an Orte wie den B-Laden, den Moabiter Kinderhof, welcher bis 2022 einen Ersatzneubau, gefördert aus dem Baufonds Soziale Stadt bekommt und den Träger GenerationenRaum, der mehrere Kindergärten im Kiez betreibt, das Kitanetzwerk betreut und die Stadtteilzeitung moabit21 herausgibt. Ein Raum, der nach Wunsch des QM-Teams zukünftig mehr an Bedeutung gewinnen sollte, ist die Selbsthilfewerkstatt in der Lehrter Straße. Diese, durch den Baufonds geförderte Lokalität, die der Verein 35 Services mit Hilfe von Ehrenamtlichen betreut, verfügt über eine sehr gut ausgestattete Holz- und Metallwerkstatt. Leider ist der Raum derzeit nur an vier Tagen pro Woche für jeweils ein bis zwei Stunden geöffnet. Um das zu ändern und Ideen wie ein Reparatur-Café dort zu verwirklichen, soll dazu demnächst ein neues QM-Projekt aufgelegt werden. Außerdem möchte das QM-Team die Bildungspartnerschaften mit den im Gebiet ansässigen Schulen, der Kurt-Tucholsky-Grundschule, der Theodor-Heuss-Gemeinschaftsschule und der Hedwig-Dohm-Oberschule weiter stärken.

Auf die Frage nach Zukunftsvorhaben - das QM-Gebiet ist für weitere fünf Jahre bis Ende 2025 ausgeschrieben und die UrbanPlan GmbH hat sich für die Fortsetzung beworben - überlegen die drei Kolleginnen nicht lang: Ihnen geht es um die Frage um das Wie, also wie der Kiez aus der Förderung entlassen wird. An oberster Stelle steht die Stärkung der hiesigen Träger, es geht aber auch um die Schaffung des so genannten zentralen Anlaufpunkts für die Menschen, die hier leben und auch arbeiten. Das Entstandene und Bewährte soll sich weiter entfalten können. Und nicht zuletzt Barrierefreiheit: „Das Gebiet soll für alle gut begehbar sein“, formulieren sie ein weiteres Ziel. Dazu sind eine Bestandsaufnahme und eine Bedarfserhebung geplant. Kartiert werden soll dabei, an welchen Orten im Gebiet noch Nachholbedarf besteht. Dabei geht es um Fragen wie diese: Wo genau bekommt man als Mensch mit eingeschränktem Gesichtsfeld oder eingeschränkter Mobilität im öffentlichen Raum bzw. in Moabit-Ost Probleme, und wie kann da Abhilfe geschafft werden?

Clara Lehmann wünscht sich, dass die Kiezfeste erhalten bleiben. Bei dem Thema kommt sie richtig ins Schwärmen, so lebendig machen sie ihrer Meinung nach den Stadtteil. Ob Perlenkiezfest, Suppenfest oder Moabiter Weihnachtsmarkt - alle drei sind nicht kommerziell und erfreuen sich einer anhaltenden Popularität. Wünschenswert wäre es, mindestens eines dieser gut etablierten Feste langfristig abzusichern, weil diese Straßenfeste das Wir-Gefühl der heterogenen Bewohnerschaft bedeutend stärken. Ähnlich verhält es sich mit der Stadtteilzeitung moabit21, die bereits seit 2011 erscheint und bei jeder Ausgabe sehr viel positive Rückmeldungen bekommt: „Manchmal drucken sie mehr Seiten als üblich, weil es so viele spannende Einsendungen von Menschen aus dem Kiez gibt.“

Während des Interviews halten einige Passanten an und nehmen sich Faltblätter mit, die auf den Fensterbrettern ausgelegt sind. Ihr QM-Büro in der Wilsnacker Straßen wollen die drei Quartiersmanagerinnen im Frühling noch mehr öffnen und einladender gestalten.“Wir sind ein offenes Büro und Ansprechpartner für verschiedene Belange aus der Nachbarschaft und freuen uns über Interessierte, die vorbeikommen“, so Sherin Buchwald. Dazu stellen die drei Quartiersmanagerinnen, so bald es wärmer wird, eine Bank und einen Tisch mit einer Karaffe Wasser auf den Bürgersteig. Außerdem werden sie 2020 mit ihrem roten Sofa auf Kieztour gehen, um die Arbeit des Quartiersmanagements weiter bekannt zu machen. Das ist Basis-Vernetzungsarbeit pur. Wer Lust darauf hat, das neue QM-Team auch einmal außerhalb seines Büros kennenzulernen, sollte sich die Tour-Termine vormerken.

Kieztour 2020 – Das QM unterwegs mit dem roten Sofa

22. April, 16 bis 18 Uhr, in der Bruno-Lösche-Bibliothek

29. Mai, 10:30 bis 12.30 Uhr, Frühstück im Quartiersmanagement Moabit-Ost            

18. Juni, 11 bis 14 Uhr, auf dem kleinen Platz an der Ecke Perleberger Straße/ Stendaler Straße    

28. August, 14 bis 18 Uhr, am Stand des QM auf dem Perlenkiezfest                                                                                                      

Wer sich aktiv im Quartiersrat und der Aktionsfondsjury engagieren möchte: parallel zum Perlenkiezfest finden am 28. August 2020 die Wahlen zu diesen beiden Gremien statt. Dafür bewerben kann man sich bis zum 14. August 2020 im QM-Büro.

Kontakt

Quartiersmanagement Moabit-Ost, Wilsnacker Straße 34, 10559 Berlin, Tel.: (030) 9349 2225, E-Mal: team@moabit-ost.de  Sprechzeiten: montags und mittwochs von 10 bis 12 Uhr sowie donnerstags von 15 bis 17 Uhr

Text: Gerald Backhaus, Foto Suppenfest-Kochduell: Wiebke Köker/LPG, Foto Suppenfest mit Tanz: Senay Güzelgül, alle anderen Fotos: © Gerald Backhaus